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<-- Projektübersicht
Die Ev. Kirchengemeinde Heinde-Listringen
"Kunst und Religion sind zwei befreundete Seelen" (Text: Pastor Olaf Prigge)
"Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Heinde-Listringen feierte in dem Jahr 2007 ihr 800jähriges Kirchenjubiläum. Gemeinsam mit LandArbeit gestalteten sie eine Festwoche. Dabei hat die Kirchengemeinde einen ungewöhnlichen Weg beschritten. Mit dem Anliegen von LandArbeit hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, das Verhältnis von Kunst und Religion in den Blick zu nehmen. Dass sich Kunst und Religion in einem freundschaftlichen Verhältnis zueinander befinden, daraufhin deutet nicht nur das in der Überschrift angeführte Zitat des Theologen Friedrich Schleiermachers. Schon allein die landschaftliche Lage der Heinder Kirche lässt ahnen, dass einst bei dem Bau der Kirche auch ästhetische Gesichtspunkte leitend waren. Die Kirche selbst ist mit einem reich verzierten Barockaltar, dem schwebenden Taufengel und diverse Epitaphe entgegen protestantischen Gewohnheiten üppig ausgestattet. Und schließlich ist die kirchliche Gemeindearbeit zu nennen, die sich als sichtbarer Ausdruck des Evangeliums von der Liebe Gottes zu den Menschen deuten lässt. Landschaftliches und heimatliches Bewusstsein, ästhetische Symbolisierungsformen, partizipierendes Handeln und Bildung von Gemeinsinn lassen sich als Aspekte kirchlicher Gemeindearbeit beschreiben und in Beziehung setzen zu LandArbeit. Die gemeinsame Festwoche bot insofern eine einmalige Gelegenheit, kirchliche Gemeindearbeit einmal in einem "anderen" Deutungsrahmen zu stellen und sie von dorther zu betrachten. Genau dem galten auch die Veranstaltungen und Beiträge der Kirchengemeinde innerhalb der Festwoche. Neben einem Akt des Gedenkens anlässlich 800jähriger Präsenz von Kirche auf dem Lande stand das Bestreben mittels traditioneller und moderner Formen religiöse und ästhetische Erfahrungen zu ermöglichen, sie aufeinander zu beziehen und nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu fragen."

Kirche vom Friedhof aus gesehen (Foto mk)

Kirchenbanner anlässlich der 800-Jahrfeier
(Foto mk)




Die Veranstaltungen der Kirchengemeinde


Die Kirchengemeinde als Pate für die Tischtransaktion

Bereits im Vorfeld der Festwoche hatte sich die Kirchengemeinde an dem Projekt "Tischtransaktion" beteiligt. Bei dieser Aktion ging es darum, dass Gemeindeglieder für eine bestimmte Zeit miteinander ihre Tische tauschen und sich als Gastgeber für andere Gemeindemitglieder anbieten. Jeder der wollte, konnte sich bei den Teilnehmern der Tischtauschaktion zum Abendessen einladen, ein kleines Gastgeschenk mitbringen und sich in Gastfreundschaft üben. In einer groß angelegten Prozession wurden Tische durch die Dörfer getragen und gefahren. Mit zur Hand gingen Feuerwehrleute der benachbarten Ortwehr Klein Düngen. So wirkte das Projekt auch über Dorfgrenzen hinaus. Zwei Wochen lang trafen sich bekannte und unbekannte Bürger und lernten sich "näher" kennen.

--> Projektbeschreibung "Tischtransaktion"



Auftakt Festgottesdienst

Die Projektwoche begann mit einem Festgottesdienst in der Heinder Kirche. Die Predigt hielt Landessuperintendent Eckhard Gorka aus Hildesheim. Ihm begleiteten die Heinder Pastoren Olaf Prigge und Feodor von Neumann (i.R.)

Auf dem Weg zum Festgottesdienst: P.i.R. von Neumann, Lsp. Gorka und P. Prigge
(von l. n. r.) (Foto dr)
Kinder decken den Altartisch (Foto dr)


Zu Beginn des Jubiläumsgottesdienstes zogen Kinder des Kindergartens Arche mit ihren Erzieherinnen und den Geistlichen in die Kirche ein und deckten zur Ehren Gottes mit einem feierlichen Ritual den Altartisch.

In seiner Predigt ging Landessuperintendent Eckhard Gorka am Beispiel von drei biblischen "Tischszenen" auf den historischen Werdegang der Kirchengemeinde ein. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von dem Bläserchor der Gemeinde, der Singgruppe und dem Kreiskantor Christoph Pannek. Im Anschluss des Gottesdienstes legten Pastor Olaf Prigge und der Patronatsherr Nikolaus von Kielmansegg vor dem Kirchturm einen Kranz nieder und gedachten der verstorbenen Gemeindeglieder.

Nach der Kranzniederlegung zogen die Gäste und Gemeindeglieder die Kirchgasse hinunter zum Gutshof. Auf dem Weg dorthin erklang aus drei von Jugendlichen mitgeführten Ghettoblastern die "Kirchenbuchlesung".

--> Projektbeschreibung "Kirchenbuchlesung"



Empfang auf dem Gutshof

Auf dem Gutshof Heinde des Patronatsherrn Graf von Kielmansegg lud die Kirchengemeinde im Rahmen der Vernissage von LandArbeit zu einem Empfang ein. Von dem Gutshof starteten einzelne Führungen. Währenddessen versorgten ehrenamtliche Helfer und Studierende die Gäste. Die Frauenkreise aus Heinde und Groß Düngen boten Kaffee & Kuchen an, der Männerkreis kümmerte sich um den Grillstand und die Bläser spielten zur Unterhaltung auf.

Palmen auf einem norddeutschen Gutshof! Sie gaben dem Empfang eine paradiesische Atmosphäre (Foto dr)
Ehrengäste auf dem Gutshof (Foto mk)




Veranstaltungen während der Festwoche


Auf dem Gutshof

Während der ganzen Festwoche beteiligten sich einzelne kirchliche Gruppen in unterschiedlichster Form. Trotz ihres gestandenen Alters scheuten sich die Männer des Männerkreises nicht, jeden Tag bis spät in Abend den Grillstand und Backofen zu bedienen. Die Singgruppe lud zum offenen Singen ein, die Hipteens sangen und der Bläserchor Heinde gab ein Abendkonzert.

Frauenkreis Heinde & Groß Düngen am Kuchenstand (Foto dr)
Jeden Tag versorgte der Männerkreis die hungrigen LandArbeiter mit Würstchen, Steaks und noch warmen Heinder Landbrot (Foto dr)

Singgruppe Heinde (Foto dr)
Hiptteens (Foto mk)

Bläserchor Heinde (Foto mk)

Kinderbetreuung in bunten Zelten (Foto mk)


Ein besonderes Angebot für Kinder erfolgte durch den Kindergarten Arche. In unterschiedlichen Zelten boten Erzieherinnen die Möglichkeiten zum spielen im Sand, Träumen und Fantasieren wie in Tausendundeiner Nacht und zum kreativen Basteln mit Naturmaterialien.



Stille Stunde in der Kirche

In der gesamten Festwoche stand abends die Kirche zur stillen Stunde offen: Arrangierte Objekte junger kirchlicher Gruppen luden zum Anschauen und Innehalten ein. So wurde die Kirche auf einer ganz anderen Art und Weise zu einem Ort sinnlicher Erfahrung. Dabei konnte folgende Objekte betrachtet werden:

Am Montag: Sprachverwirrung (aus dem Kindergottesdienst)
Am Dienstag: Hefata (aus der Jugendarbeit)
Am Mittwoch: Einladung (aus der Konfirmandenarbeit)
Am Donnerstag: Seelengarten (Kindergarten)

Am Dienstag: Eine geöffnete Tür... Wer ist hindurchgegangen und warum? "Hefata!" steht auf dem Blatt geschrieben und das heißt "tu dich auf!" (Foto op) Am Mittwoch: Einladung. Stell Dir vor, ein gedeckter Tisch und keiner kommt...
(Foto op)



Vor der Kirche

Namensbaum – wer hat sich in der Festwoche verewigt? (Foto dr)




Abendlicher Pilgergang

Pilgerwege sind mittlerweile auch in der evangelischen Glaubenswelt keine Seltenheit mehr. Der abendliche Pilgergang entlang der Innerste stellte aber noch einmal eine Besonderheit dar. Er startete in der Abenddämmerung im Garten vom Gut Walshausen. Den Psalm 23 rezitierend zogen die Pilger von einer Station zu anderen, bei denen ihnen jeweils eine besondere Inszenierung erwartete. Die zu hörenden und sprechenden Textpassagen, sowie die erlebten Stimmungen und Szenen fügten sich auf dem Weg wie einzelne Puzzlezeile zu einem Ganzen zusammen.

Bei dem "pastoralen Blick" in die weite Landschaft ertönte auf einmal eine Oboe (Foto dr)
"Dein Wort ist meines Fußes Leuchte ..."
(Foto dr)




Freiherr vom Stein

Am 8. Juni 1793 wurde Freiherr vom Stein mit der in Heinde lebenden Gräfin von Wallmoden-Gimborn in der Heinder Kirche getraut. An seinem Aufenthalt in Heinde erinnert heute eine Gedenktafel an der Aussenwand der Kirche. Anlässlich seines 250. Geburtstages hat es sich die Kirchengemeinde zur Aufgabe gemacht, ihm im Rahmen der Festwoche eine eigene Gedenkfeier auszurichten. Auf dem ersten Blick dürfte es verwirrend erscheinen, eine politische Persönlichkeit wie Stein in der Festwoche zu integrieren. Doch beim näheren Hinsehen zeigen sich Überschneidungen zwischen sein Reformwerk und den Anliegen der Kirchengemeinde und LandArbeit. Steins Bestrebungen waren geprägt von Pestalozzis Gedanken der „Selbsttätigkeit des Geistes“. Genau jene Überlegungen, die Gesellschaft und ihre Aktivitäten von Innen heraus, das heißt durch ihre Bürger zu gestalten, ist eben auch bei den Heinder Festlichkeiten ein zentraler Gedanke. Die Feierlichkeiten für Stein sollten das besonders zum Ausdruck bringen. Daher knüpften sich gleich eine ganz Reihe von Aktivitäten sowohl von Seiten der Kirchengemeinde als auch von LandArbeit an jenen bekannten Staatsreformer und dessen Hochzeit in Heinde an. Die Gedächtnisfeier bestand aus einer historischen Nachinszenierung der hochzeitlichen Kutschfahrt vom Heinder Gut aus zur Kirche verbunden mit einem Umzug durch das Dorf. Unmittelbar daran schloss sich die Eröffnung einer Ausstellung an, die Steins Aufenthalt in Heinde zum Thema hatte, sowie eine Gedenkfeier mit einem Vortrag über Steins Bedeutung für die Zeit heute.

Die Hochzeitskutsche kurz vor der Abfahrt (Foto dr) Historischer Umzug durch das Dorf (Foto dr)

Aus Berlin angereist: Preußische Soldaten im Stil der Zeit (Foto dr) Marketenderzelt der "Preußen" auf dem Friedhof (Foto dr)

"Graf von Wallmoden" eröffnet die Ausstellung (Foto mk)
Gedenkfeier in der Kirche (Foto dr)

Ausschnitt aus der Ausstellung "Freiherr vom Stein in Heinde" (Foto mk) Der "Heinder Brief" des Freiherrn und der Ehevertrag aus dem Jahr 1793 (Foto mk)

Besucher in der Ausstellung "Freiherr vom Stein in Heinde" (Foto mk) Das hochzeitliche Paar pflanzt eine Rotbuche auf den neuen Spielplatz "Im Ehmken"
(Foto dr)




Die Festtafel

Die Festwoche endete mit einem Gottesdienst am Sonntag, dem 8. Juli 2007 und dem anschließendem "Hochzeitlichen Mahl in der Allee". Im Gottesdienst berichteten Besucher und Akteure der Festwoche von ihren ästhetischen und religiösen Eindrücken. Im Wechsel mit den Beiträgen erklangen das Lied: "Vertraut den neuen Wegen" und die Lesungen für den 5. Sonntag nach Trinitatis mit Abrahams Berufung nach Kanaan und dem Fischzug des Petrus.

Die Festtafel in der Allee bildete den krönenden Abschluss der Festwoche. Über hunderte von Metern erstreckte sich die Tischreihe inmitten der alten Baumreihen. Wie "zwei befreundete Seelen" fanden sich Kirchengemeinde und Landarbeit zusammen, Künstler und Gäste, Studierende und Dozenten und vielleicht für einen Moment auch Religion und Kunst?

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Abkürzungen: mk = Manuela Konrad-Nöhren, dr = Dieter Ross, op = Olaf Prigge

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Pastor Olaf Prigge
Ev.-luth. Kirchengemeinde
Heinde-Listringen und Lechstedt
Am Kirchberg 2
31162 Bad Salzdetfurth
Tel 05064-382
Fax 05064-9600028
Email OPrigge@t-online.de